28. Tag – Dienstag, 2.8.2011
von Miraz nach Sobrado dos Monxes; 25 km; 360 Hm
Leider scheint heute keine Sonne und es ist leicht regnerisch, obwohl es nicht wirklich regnet. Nach einem tollen Frühstück mit einer anderen Sorte Weißbrot, mit gesalzener Butter (?) und heißem Kaffee mit Milch bin ich noch ziemlich im Dunkeln aufgebrochen, dabei war es schon nach 7:00. Unterwegs gab es wieder viele Brombeeren, dir ich mit Genuss verspachtelt habe. Eigentlich wollte ich ja mal eine Vorher-Nachher-Aufnahme machen. Aber dann, wenn ich die leckeren Beeren sehe, ist die Gier so groß, dass ich erst an das Vorher-Bild denke, wenn ich die Hälfte schon intus habe. Gestern habe ich gehört, wie G., die Österreicherin, sich mit dem deutschen Hospitaliero unterhalten hat. Sie erzählte etwas von einem Unfall. In dem Auto waren 4 Leute, aber nur ihre Mutter musste auf die Intensivstation. Ich habe mich getraut, sie anzusprechen. Da es schon so spät war, habe ich vorgeschlagen, dass wir uns heute unterhalten, aber dann sind wir doch gleich ins Gespräch gekommen. Ihre Mutter hat überlebt (wie?), aber sie hatte doch Schwierigkeiten, es zu verarbeiten. Ihr Vater hat sich dann auch nicht sichtbar und schon gar nicht emotional um sie gekümmert. Irgendwann ist ihr fester Freund auch ums Leben gekommen. Einerseits ist er nun also Schutzengel für sie unterwegs. Andererseits meinte sie, dass man sich selbst lieben muss, dann können einen auch andere lieben. Ich meinte, vielleicht könne man es dann wahr- und annehmen, dass einen andere lieben. Und ich meinte, dass ich überlege, wer meine Mutter eigentlich war. Sie schlug vor, mal mit Leuten zu reden. Hm, das ist sicher ein guter Weg. Im Moment wüsste ich nur noch nicht so genau, wen ich da befragen kann. Das Gespräch beruhte eigentlich darauf, dass sie davon ausgeht, dass es eben eine gute Mutter-Tochter-Beziehung war. Das habe ich gestern nicht geschafft, ihr zu erzählen. Es war auch ein bisschen „öffentlich“. So sind nicht alle ihre Vorschläge wirklich (derzeit?) für mich denkbar. Ich kann mir im Moment wirklich nicht vorstellen, dass sie mein Schutzengel sein könnte. Allerdings fand ich es interessant, dass G. das mit dem Schutzengel erzählte. Ich bin ja auch öfter auf der Suche nach einer Darstellung meines Schutzengels. Abends im Bett musste ich dann etwas weinen. Und heute auf dem Weg musste ich die ersten 4-5 km immer daran denken, was wohl die kleine Belana alles durchmachen musste. Und sie tat mir aus tiefstem Herzen leid. Ich habe viel rumgeheult und auch geschluchzt. Ich war ja allein, da ging das. Es war gut, diese Tränen mal loszuwerden. Schon ein paarmal haben sie mir hier auf dem Weg regelrecht die Luft abgeschnürt, sodass ich das Gefühl hatte, gleich zu ersticken. Nun sind doch einige draußen. Aber ich habe das Gefühl, dass das erst der Anfang ist. Ich habe einfach bisher noch über nichts getrauert. Und das ist schon wichtig. Mal sehen, ob dieser Weg da noch etwas tut. Ansonsten geht der Weg ja eh weiter, wenn ich zu Hause bin. G. hat auch von einem Buch erzählt: „Das kleine Ich bin ich“. Hierzu will ich mal sehen, ob ich mal das eine oder andere zeichnen kann. Und als ich so am Nachdenken und Heulen heute war, dachte ich, das ich nicht schuld bin. Und auch dazu möchte ich versuchen, was zu zeichnen. Ansonsten war der Weg toll, bis es auf die Straße ging. Irgendwo haben mich Sa., S. und G. eingeholt, weil ich ja permanent am Brombeeren-Essen war. Ich bin dann mit ihnen mitgegangen. Das Kloster ist riesig und sehr beeindruckend. Der Schlafsaal hat zwei Etagen. Die sanitären Einrichtungen sind etwas ihksig. Ich habe deswegen nur meine Unterwäsche gewaschen. Es ist auch alles ein wenig feuchtig, sodass wohl nichts wirklich trocken wird. Und es müffelt ein wenig, sodass ich nichtmal Lust hätte, mir einen Tee zu kochen. Aber vielleicht mache ich das noch. Ist einfach gemütlich. Vor allem, wenn ich dann doch noch etwas zeichnen möchte. Um 19:00 werde ich zum Gottesdienst gehen. Die Mönche singen dann wohl. Ich bin gespannt.
weiter mit Sobrado dos Monxes – Pedrouzo