Franziskusweg – Nachlese #3

Italienisches Leben

Nun behaupte ich nicht, dass ich nach diesem Weg weiß, wie Italienisches Leben geht – ganz und gar nicht. Aber ein paar Momente durfte ich doch sehr interessiert beobachten.

Leben, Leben, Leben

Es ist sicherlich nichts Neues, wenn ich jetzt sage, dass die Italiener vor lauter Leben nur so sprudeln. Sie drücken das nicht nur durch Lautstärke aus, sondern durch den ganzen Körper. Zweimal hatte ich Gelegenheit, das recht nah ansehen zu können.

Einmal übernachtete in einer Unterkunft eine Gruppe von Jugendlichen. Zu Abend wurde im Garten der Herberge gegessen. Da ich nicht zur Gruppe dazugehörte, saß ich an einem anderen Tisch. Vielleicht war das ja sogar gut, weil ich wohl dem übersprudelnden Leben ein wenig im Weg gesessen hätte. Und auch wenn ich kein Wort verstanden habe, so waren alle Interaktionen durch die entsprechenden Gesten und Bewegungen sehr klar und eindeutig zu interpretieren. Ich hatte viel Freude am Zuschauen.

Ein zweites Mal übernachteten in der Unterkunft zwei Italiener. Einer davon war künstlerischer Blumen-Arrangeur. Er gab der Dame des Hauses gleich Hinweise für die Gestaltung ihrer Blumen. An einer recht großen, palmenartigen Pflanze schien er besonders interessiert zu sein. Bei seinen Erläuterungen umschwärmte, umtänzelte, umzirzte er diese Pflanze förmlich. Nach dem Abendessen holte er sein Handy heraus und zeigte viele Bilder von seinen Arrangements und erläuterte sie wort- und gestenreich.

Religiosität

Auf welch großen/kleinen Anteil der Bevölkerung sich folgende Beobachtungen beziehen, kann ich nicht sagen, aber sie haben mich doch in ihrer Häufigkeit ziemlich beeindruckt. Das eine ist, dass es auf dem Weg sehr viele aktive Klöster gab. Das habe ich auf den Jakobswegen bisher so nicht wahrgenommen. Und man kann nahezu jeder Zeit dort klingeln und sich im Kloster herumführen oder sich etwas erklären lassen. Allerdings habe ich mich das eher nicht getraut – auch wegen der sprachlichen Barriere. Das andere ist, dass eben viele Leute in die Kirchen gehen – auch viele junge Leute. Es gibt auch sehr, viele Bilderstöcke, zu denen die Menschen gehen, um zu beten. Einmal habe ich einen Mann gesehen, der mit mir im Ort startete, bis zu einer kleinen (geschlossenen) Kirche etwas 4 km vom Ort entfernt ging, dort durch das Kirchenfenster betete und dann den Rückweg antrat. Davon war ich wirklich zutiefst beeindruckt.

Verfallserscheinungen?

Dieser Punkt ist nicht ganz so erfreulich und vermutlich auch nicht typisch Italienisch. Aber diese Dinge sind mir hier so deutlich begegnet, dass ich sie in diesem Zusammenhang mal erzählen möchte.

Es gibt viele kleine Orte, deren Bausubstanz sehr alt ist. Viele dieser Orte liegen auf Berggipfeln bzw. ziehen sich von dort nach unten. Die Straßen sind eng, die Verbindungen zwischen den Straßen steil, z. T. Treppen. Meist kann man in diese Orte nicht mit dem Auto fahren, weil die Straßen einfach zu eng sind. Es wohnen überwiegend alte Menschen in diesen Orten. Die Jungen sind wohl woandershin gezogen. Aber wie lange werden diese Orte dann noch existieren? Einige Ausnahmen gibt es, wenn diese Orte Sehenswürdigkeitswert haben wie Assisi oder der Stadtkern von Florenz. Aber auch dort wohnen in den Bereichen mit den alten Gebäuden eher keine Menschen.

Eine andere Verfallserscheinung scheint im Moment noch positive Auswirkungen zu haben. Durch den Wegzug so viele Menschen, stehen vermehrt Wohnung und Häuser leer. Als Lebensunterhalt oder um diesen aufzubessern, gestalten die Eigentümer diese Räume zu Bed&Breakfast-Unterkünften um. Aber wie viele solcher Unterkünfte und das Abwandern wie vieler Menschen verträgt ein Ort oder eine Stadt? Wenn die Stadt immer leerer wird, wird sie wohl für Besucher zunehmen unattraktiv. Dann braucht man auch keine B&B-Unterkünfte mehr.

Ich wünsche allen Menschen dort, dass sie langfristig ihr Auskommen finden. Und allen Pilgern und Reisenden wünsche ich, dass es für sie immer ein Dach über den Kopf für die Nacht gibt.

Wir sehen uns auf dem Weg.
Let’s go!
Belana Hermine

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16 Gedanken zu “Franziskusweg – Nachlese #3

  1. Auf meinen Reisen in Bella Italia habe ich die Italiener und ihre Lebensart sehr in mein Herz geschlossen, mit Ausnahme der Venezianer. Natürlich macht es zornig, wenn eine so wunderschöne Stadt dermaßen ausverkauft wird. Aber unfreundlich, arrogant und sogar aggressiv gegenüber einer Urlauberin zu werden, die sehr an Venedig und der Geschichte der Lagune interessiert ist, und still ihrer Wege geht, ist ein absolutes No Go.

    Gefällt 2 Personen

    • Das ist ja schade, dass Du solche Erfahrungen machen musstest. Ich habe auch schon viel Positives über Venedig und die Behandlung dort gehört. Hoffentlich ist es ein Ausnahmefall. Nichtsdestowenigertrotz natürlich nicht akzeptabel.

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