memrise

Heute mal etwas ganz Neues – und wahrscheinlich wird es einen gewissen Seltenheitswert bekommen. Ich möchte eine App vorstellen.

Die Mongoleireise in diesem Jahr war einfach toll und ich denke, dass ich über lang oder kurz wieder hinfahren werde. Dann würde ich gern länger dort bleiben. Zumindest eine Grundstock Mongolisch wäre dafür wohl nicht schlecht. Schlecht sieht es eher mit Sprachlernprogrammen – mit oder ohne Software-Begleitung – aus. Es ist wohl eine nicht ganz so geläufige Sprache.

Umso dankbarer war ich für den Hinweis auf memrise. Im Grunde wird man in Worte bzw. Sätze eingeführt, die auch gesprochen werden. Und mit verschiedenen Methoden werden diese immer wieder abgefragt. Wenn man es immer wieder falsch macht, werden sie häufiger wiederholt. Aber auch, wenn sie lange nicht abgefragt wurden, werden sie mal wiederholt. Man kann sich ein Tagesziel setzen. Ich habe mir 5 min pro Tag gesetzt. Das schaffe ich, irgendwo zwischenzuquetschen.

Und noch zwei positive Punkte: 1) es ist für die diversesten Sprachen verfügbar, 2) es gibt es für verschiedene Plattformen, u. a. ganz normal als Internet-Seite, also nicht als App.

Schwachpunkte? Naja, nach einer Weile wird immer versucht, einem die pro-Version schmackhaft zu machen. Knapp 10 $ im Monat oder knapp 50 $ für ein Jahr. Aber einerseits kommt man auch ohne Pro-Version gut voran und andererseits ist es sicher kein Wucherpreis. Und es stehen schließlich auch Leute dahinter, die es gemacht haben und pflegen.

Also, Ihr Wissbegierigen in und außerhalb von Blog-Land: ein Blick kann sicher nicht schaden.

Wir sehen uns auf dem Weg.
Let’s go!
Belana Hermine

Knöchelchenorakel

Das hatte ich doch schon fast wieder vergessen. Manchmal ist es eben doch sinnvoll, ein wenig aufzuräumen. Dabei ist es mir nämlich wieder in die Hände gefallen.

So kann es aussehen. Die „Umverpackung“ hängt natürlich vom Touristenshop ab. Dieses haben wir als Abschiedsgeschenk vom Schamanen im Camp bekommen.

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Der wesentliche Bestandteil sind die 4 Knöchelchen, die auf dem Filzuntersetzer liegen. Sie können in diesen 4 Positionen liegen. Man nimmt die 4 Knöchelchen in die Hand und macht darum einen Faust. Nun denkt man an eine Frage oder ein Problem und pustet diese in die Faust. Dann wirft man die Knöchelchen auf eine ebene Unterlage – z. B. diesen Filzuntersetzer. Nun schaut man sich an, wie die Knöchelchen liegen. Jede andere Position bedeutet ein anderes Tier. Es gibt also 4 Tiere: Kamel, Pferd, Schaf, Ziege. So kann man beispielsweise 4 Pferde haben, oder jeweils ein Kamel, ein Pferd, ein Schaf und eine Ziege. Aus einer Tabelle kann man nun gemäß der Zusammensetzung der „Herde“ die Antwort auf die Frage oder die Lösung des Problems ablesen.

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Eine nette Unterhaltung in einer geselligen Runde.

Wir sehen und auf dem Weg.
Let’s go!
Belana Hermine

Fazit aus der Mongolei-Reise

Ich hatte mich so, so, so sehr auf die Reise gefreut. Und in vielerlei Hinsicht wurde ich auch nicht enttäuscht. An die enttäuschenden Punkte will ich gerade mal nicht denken. Die sind eh an anderer Stelle zu klären. Im Endeffekt habe ich viel, sehr viel erlebt und für mich mitnehmen können. (Wenn auch keine Steine, denn die sind dem Security Check zum Opfer gefallen. Aber der Security Check ist ja sowieso immer der gefährlichste Punkt jeder meiner Flugreisen ;-))

Interessanterweise war ich erstmal ziemlich niedergeschlagen, als ich nach Hause gekommen bin. Auch wenn ich viel erlebt hatte, hatte ich doch nicht wirklich den Eindruck, etwas für mich erreicht zu haben. Außerdem hatte mir eine der letzten Aussagen des Schamanen doch deutlich einen Schlag versetzt. So kam ich also zu Hause an und war noch viel mehr am (Ver)-Zweifeln als vorher. Wie sollte es nun weitergehen? Ich hatte den Eindruck, den mongolischen und den (westlichen) Core-Schamanismus nicht verbinden zu können. Und in der Tat hatte ich anfangs deutliche Probleme, hier wieder Kontakt aufzunehmen. Doch so langsam hat sich alles wieder beruhigt. Und insbesondere der letzte Tag der Ausbildung am Wochenende hat mir sehr gut getan. Ich konnte wieder meine Kräfte spüren und schaue wieder optimistischer in die Zukunft. Ja, ich habe eine Vorstellung, wie ich beide Schamanismus-Richtungen sinnvoll und sogar förderlich verbinden kann.

Und etwas nüchterner betrachtet denke ich schon, dass ich einen deutlich besseren Draht zu mir gefunden habe, dass ich den Dingen, die ich sehe, eher vertrauen kann als vorher, dass mir die mongolische Art zu meditieren auch in Zukunft helfen wird.

Hat mich die Reise verändert? Vielleicht können zwei Wochen noch keine wirkliche Veränderung hervorrufen. Ich bin aber sicher, dass ich auf längere Sicht durch die Anwendung des Gelernten langsam immer mehr in mir selbst ruhen kann, dann ich weitere Päckchen und Pakete der Vergangenheit abarbeiten kann und damit auch immer offener und freier für andere Menschen werde. Die Vorstellung, dass dies kein Wunschtraum bleiben muss, hat mich sicherlich soweit verändert, dass ich in der Lage bin, diesen Traum zu verwirklichen.

Ich habe viel gesehen und viel erlebt – Gutes und weniger Gutes. Ich habe die Weiten der mongolischen Steppen sehen dürfen. Aber ich musste auch ansehen, wie sie mit künstlichen Jurtenparks zugestellt und mit Zivilisationsmüll zugeschüttet wird. Das zu sehen tat weh. Es fördert aber auch den eigenen Willen, selbst besser auf das aufzupassen, was man selbst tagtäglich unserer Erde antut. Ja, auch das würde ich als ein Stückchen Veränderung bezeichnen.

Und ich glaube, ich werde da noch einmal hinfahren. In mir kribbelt schon das Vorbereitungsfieber. Mongolisch lernen – das definitiv, um ein paar Alltäglichkeiten mit Menschen reden zu können. Aber auch das Russisch aufpolieren. Für den Schamanen war es auch nur eine Fremdsprache. Deswegen haben wir uns doch hin und wieder schwer getan, uns auf Russisch zu verständigen. Viel, viel meditieren, um auch innerlich auf die Fortsetzung der Ausbildung vorbereitet zu sein. Naja, zumindest der Schamane war beim Verabschieden der Überzeugung, dass ich wiederkommen werde („Ich weiß es“, meinte er.) Ich weiß es jetzt auch. Die Frage ist nur noch, wann. Nächstes Jahr muss ich unbedingt erstmal wieder Wandern. Auch das dient meiner inneren Findung und Stärkung und fängt schon jetzt an, mir zu fehlen.

Damit endet also mein Bericht über die Mongolei-Reise. Wenn noch irgendwelche Fragen offen geblieben sind, dann sagt einfach Bescheid. Was ich berichten kann, werde ich gern berichten.

Wir sehen uns auf dem Weg.

Let’s go!

Belana Hermine

Trance-Erlebnisse

So, das wird wohl der vorerst letzte Eintrag zur Mongolei-Reise sein, bevor es morgen eine kleine Zusammenfassung gibt, in der ich auch Nicoles Frage beantworten werde, ob (bzw. inwiefern) ich mich verändert habe.

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, in Trance zu kommen. Es gibt unterschiedlich tiefe Trancezustände. Und Menschen sind unterschiedlich in der Lage, in Trance zu gehen.

Im Camp wurde im Wesentlichen getrommelt, um in Trance zu kommen. Hin und wieder wurde Maultrommel gespielt. Aber vielen ist es auch gelungen, durch einfache Meditation zumindest in leichte Trancezustände zu gelangen.

Je nach Tiefe des Trancezustands bekommt man mehr oder weniger viel von dem mit, was man da so macht. Es fängt damit an, dass es einem etwas dissi im Kopf wird. Dann kann es sein, dass man meint, dass sich der Körper bewegen will und man dem gern nachgehen würde, es aber noch schaffen könnte, sich dem zu widersetzen. Irgendwann kann man eigentlich nicht mehr anders, als diesem Bewegungsdrang zu folgen. Ja, und die Endstufe ist dann, wenn man eigentlich gar nicht mehr mitbekommt, was man da gerade tut.

Mit ein bisschen Übung, meine ich, kann man die Tiefe der Trance etwas steuern. Also dann merkt man, wie tief man ist und ob man noch tiefer möchte und kann dann rechtzeitig gegensteuern. Das sollte man unbedingt können, wenn man versuchen will, allein in Trance zu gehen. Die tieferen Trancezustände sollte man dann aber auch meiden. Dann sollte man lieber jemanden bei sich haben, der aufpassen kann, dass man sich nicht verletzt, und der einen im Zweifel auch aus der Trance zurückholen kann.

Ich habe die Erfahrung der verschiedenen Trancezustände sehr genossen. Es ist einfach unglaublich, dass sowas einfach so funktioniert. Und es ist interessant, die Bilder zu sehen und die Eindrücke aufzunehmen, die während einer solchen Trance auf einen einstürzen. Naja, und hinterher kann man sich dann Gedanken machen, was das jetzt alles mit einem selbst zu tun gehabt hat.

Wir sehen uns auf dem Weg.

Let’s go!

Belana Hermine

Berggeister in der Nacht

Eines Nachts haben wir das Camp verlassen und sind Richtung Berg gegangen. (Wenn ich jetzt so drüber nachdenke, habe ich eigentlich gar keine Vorstellung mehr davon, wo wir da eigentlich waren. Wir waren hinterher ganz schnell wieder im Camp. Naja, egal.)

Wir sollten uns in 3er-Gruppen zusammentun und uns Rücken an Rücken hinsetzen – naja, also so, dass man jeweils den Rücken der beiden Anderen spürte. Ich war mit zwei sehr netten Teilnehmern zusammen und habe mich dabei recht wohl gefühlt.

Dann sollten wir versuchen, den Berggeist zu spüren, den der Schamane rufen wollte.

Naja, mit Spüren ist es ja nicht so bei mir. Aber ein wenig die Nacht und die Nähe der Kollegen spüren, ist schon nett. Ich dachte dann mal so bei mir, dass es ja nicht schaden kann, ein wenig positive Energie durch unsere kleine Gruppe zu leiten. Hinterher meinten die beiden Anderen, dass sie es gespürt hätten. Wie nett.

Während wir also den Berggeist spüren sollten, ist der Schamane um unsere 3er-Gruppen herumgerannt und hat mit etwas gewedelt. Hinterher meinte er, damit hätte er den Berggeist vertrieben, wenn er uns zu nahe gekommen wäre. Er ist wirklich in einem Affenzahn um uns herum gerannt. Und es war echt dunkel so mitten in der Nacht. Er meinte, er wäre in Trance gewesen.

Hinterher gab es eine Auswertungsrunde. Ein Teilnehmer machte wohl eine kritische Bemerkung wegen des Rennens des Schamanen in Trance. Da musste er es dann gleich selbst probieren. Also haben wir uns alle wieder so hingesetzt wie vorher. Und dann musste der Teilnehmer um uns herum rennen. Er hat es nicht annähernd so schnell und geschmeidig geschafft wie der Schamane. Dabei war er deutlich jünger. Und der Schamane war im „Normalzustand“ auch nicht so sehr fit. Jedenfalls hatte er bei unserem Besuch auf dem kleinen Berg am Camp ganz schön gepustet und geprustet. Also, das war schon beeindruckend. Ich hätte wohl in der Dunkelheit auch nicht so um die Leute rumrennen können.

Viele haben in der Auswertungsrunde gesagt, dass sie zuerst einen Schutzkreis gemacht hätten. Das ist eigentlich etwas, das man im „westlichen Core-Schamanismus“ IMMER macht. Ist also sozusagen eine Reflexhandlung. Das fand der (mongolische) Schamane aber gar nicht witzig. Er fühlte sich davon sogar angegriffen. Er meinte, er wäre für unsere Sicherheit zuständig und er würde diese Aufgabe sehr ernst nehmen. Also so durch die Blume: Wir misstrauen ihm. In gewisser Weise kann ich das verstehen. Aber das war dann mal wieder ein typischer Fall von interkulturellem Missverständnis. Er meinte auch, dass der Schutzkreis eine Manifestation unserer Angst wäre und wir dadurch nur unsere Angster verstärken würden. Ab sofort war es dann verboten, irgendwelche Schutzgegenstände zu tragen – die Amulette, die von ihm selbst kamen, mal ausgenommen. Das hat einige doch ganz schön hart getroffen.

Und das Fazit des Erlebnisses? Keine Ahnung, ob ich den Berggeist wirklich gespürt habe. Hin und wieder meinte ich, eine helle, weiße, schemenhafte Gestalt zu sehen. Irgendwann später meinte der Schamane mal, man müsse gar nicht wirkliche Gestalten und Farben und Kleidung oder so sehen. Eigentlich solle man nur das Energiefeld wahrnehmen. Und das wäre eigentlich eher helles Licht. Naja, dann habe ich wohl nicht so falsch gelegen? Der Zweifel bleibt. Aber ich war wirklich sehr beeindruckt von der läuferischen Leistung in der Dunkelheit, in der Geschwindigkeit, über so lange Zeit – ohne zu stolpern, ohne zu schnaufen. Macht das wirklich der Trance-Zustand?

Wir sehen und auf dem Weg.

Let’s go!

Belana Hermine

Frauen im mongolischen Schamanismus

Die Stellung der Frau ist ja in vielen Gesellschaft eine kritische Frage. Selbst in unserer westlichen Zivilisation diskutieren wir immer noch über Gleichberechtigung – und nicht nur von Frauen.

Aber schauen wir uns in etwas indigeneren Kulturen um. Da gibt es Kulturen, die Frauen nicht anfassen, wenn sie ihre Menstruation haben, weil sie meinen, dass die Frauen dann unrein sind. Im Gegensatz dazu gibt es Kulturen, in denen sich Frauen für die Tage ihrer Menstruation in einen abgelegenen „Winkel“ zurückziehen, sich dort mit ihren Gefährtinnen treffen und ganz für sich sein und auftanken können. Man spricht dann von „innerer Reinigung“. Ob das vielleicht auch nur eine positive Interpretation von Ausschluss ist? Aber die Frauen sollen sich wohl dort recht wohlgefühlt haben.

Und wie ist das nun bei den mongolischen Schamanen? Im wesentlichen können Frauen an allem mitwirken. Aber es werden immer zuerst die Männer „bedient“ – siehe beispielsweise bei der Jagd. Das ist wohl aber in der Mongolei allgemein so. Die „großen Schamanen“, von denen ich gehört habe, sind alle männlich. Aber ich habe auch einen Roman gelesen, in dem eine große Schamanin vorkommt. ABer es war halt ein Roman.

Was aber ganz übel im mongolischen Schamanismus ist, ist Blut. Das zieht wohl böse Geister an. Und damit hat frau dann also ein Problem, wenn sie ihre Menstruation hat. Sie darf sich dann an keinen rituellen Stellen mehr aufhalten. Einige Teilnehmerinnen wussten das wohl vorher und haben hormonell gegengesteuert. Einige haben wohl versucht, es sich nicht anmerken zu lassen. Schließlich haben wir ziemlich am Anfang zu sehen bekommen, wie es einer Teilnehmerin ging, die ehrlich gewesen ist.

Aber es geht ja um Blut außerhalb des Körpers. Was also, wenn man das Blut im Körper auffängt? Ein OB zählt nicht, weil er über das Strippchen ja trotzdem Blut nach außen transportiert. Ich hatte großes Glück, weil ich seit meiner ersten großen Wanderung eine MoonCup benutze. Ich musste das ganze Procedere zwar mehrfach in allen Details erklären, aber ich durfte dann an allem teilnehmen. Puuh, echt Glück gehabt. Wäre schon doof gewesen, wenn man von zwei Wochen eine außer Gefecht gesetzt ist. Ich wäre ja schon neugierig, wie die mongolischen Schamaninnen das machen. Direkt fragen ging ja leider nicht. Und über den Dolmetscher wollte ich dieses Thema dann auch nicht ansprechen. Ein nächste Mal also?

Wir sehen uns auf dem Weg.

Let’s go!

Belana Hermine

Auf der Jagd

Eines Tages kam der Schamane und fragte, wer nachts mit auf die Jagd gehen möchte. Er war sichtlich überrascht, dass sich auch Frauen meldeten. Er hatte wohl nur mit Männern gerechnet. Also wurde das Ganze noch einmal verschoben, um mehr Autos zu organisieren, damit möglichst alle Interessenten mitfahren konnten. Irgendwann war es dann so weit. Es musste nur einer verzichten. Diejenigen, die nicht mitfuhren, trafen sich in der Ritualjurte zum Trommeln. Wir waren noch 7. Das war wirklich eine tolle Atmosphäre. Es war genug Platz zum Sitzen. Es war genug Zeit. Sehr schön. (Sonst waren wir immer 17.)

Am nächsten Morgen erzählten die Jäger natürlich von ihren Erlebnissen. Man versuchte wohl, die Tiere mit starkem Licht zu blenden. Dann bleiben sie ja wie erstarrt stehen (siehe unsere Waldstraßen).

Es wurde ein Rehbock geschossen. Der Schamane erklärte, dass er immer nur männliche Tiere schießen würde, weil es bei den weiblichen sein könnte, dass sie trächtig sind. Egal, wie und was. Ich war sehr froh, im Camp geblieben zu sein.

Das Reh wurde ausgenommen. Das Fell wurde abgezogen. Es wird z. B. für Trommeln benutzt. Vielleicht sind auch einige Teile für rituelle Zwecke genutzt worden. Davon haben wir aber nichts mitbekommen. Der Rest des Rehs wurde dann am Lagerfeuer auf Spießen gegrillt und verputzt. Es war schon recht lecker. Da es das Reh zusätzlich zu unserem eigentlichen Abendessen gab, konnten sich auch alle, die sonst vegetarisches Essen genommen haben, frei bedienen.

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Auch sonst haben wir oft Lagerfeuer gemacht – meist um uns nach Einbruch der Dunkelheit etwas zu wärmen. Sobald die Sonne weg war, wurde es recht schnell empfindlich kalt.

Wir sehen uns auf dem Weg.

Let’s go!

Belana Hermine

Wodka und Milch im mongolischen Schamanismus

Ein paar Wochen, bevor ich in die Mongolei gefahren bin, meinte jemand zu mir, dass die mongolischen Schamanen sehr streng wären. Wenn die Schüler bei der Meditation einschlafen würden, würden sie mit Wodka bespuckt. Hm, so recht konnte ich mir das nicht vorstellen. Aber wenn dem wirklich so ist, dann konnte mir ja was bevorstehen, obwohl ich eigentlich noch nie bei einer Meditation eingeschlafen bin. Aber man kann ja nie wissen und sollte nie „nie“ sagen.

Nun, die praktische Erfahrung macht halt schlauer, deshalb versucht man ja auch ständig, sie zu finden.

Ja, es wird viel mit Wodka rumgespuckt. Aber es ist keine Strafe fürs Einschlafen beim Meditieren. Aber wenn jemand sehr in Trance gefallen ist und von allein nicht so recht herausfindet, dann wird er mit Wodka bespuckt. Den ersten Schwall gibt es in der Regel ins Gesicht. Wenn das nicht reicht, gibt es einen Schwall in den Rücken und dann aufs Dekollete – naja, jedes Mal unter das T-Shirt, sonst hilft es ja nichts. Irgendwann haben wir es dann „Wodka-Dusche“ getauft.

Es gibt einen zweiten Aspekt, warum mit Wodka gespuckt wird. Wenn der beobachtende Schamane mitbekommt, dass sich ein Geist nähert und vielleicht schon zu nahe ist, dann wird ebenfalls mit Wodka gespuckt. Die Geister mögen das wohl nicht. Allerdings nähert sich ein Geist nur, wenn jemand in tiefer Trance ist, sodass beide Gelegenheiten eher zusammenfallen.

Insbesondere für den ersten Zweck tut es aber normales Wasser auch. Wir waren mal am Nachmittag in ziemlicher Hitze auf einem der umliegenden Berge zum Meditieren. Der Schamane hatte wohl den Wodka vergessen oder nicht erwartet, dass er ihn braucht. Da musste dann eben das mitgenommene Trinkwasser herhalten. Meine erste „Wodka-Dusche“ war dann also eine ganz gewöhnliche Wasser-Dusche.

Wodka wird aber auch sonst für alle möglichen Dinge genutzt. Er wird zum Reinigen von Gegenständen – insbesondere Schutzgegenständen – benutzt. Wenn Teile des Körpers auch nur ansatzweise mit negativen Dingen/Energien/Geistern in Berührung gekommen sein könnten, werden sie mit Wodka bespuckt. Und Wodka wird auch den Geistern geopfert. Hier ist mir allerdings nicht ganz klar, wieso man sie mit einer „Wodka-Dusche“ vertreiben kann, wenn man andererseits Wodka opfert, weil sie ihn mögen.

Neben Wodka wird auch Milch geopfert. Dazu hat man dann meist zwei Schälchen – vermische nie Wodka und Milch –> dann erstmal säubern und danach weitermachen. Zuerst wird mit einem Wunsch das Wodkaschälchen in hohem Bogen ausgeschüttet, danach mit einem Wunsch das Milchschälchen. Milch wird aber auch in Behandlungen als Stärkungsmittel eingesetzt, sodass Klienten häufig mit einem Schluck Milch mehr oder weniger verabschiedet werden. Aber auch mit einer Milch-Dusche sollte man rechnen. Die ist dann aber echt klebrig – im Gegensatz zur „Wodka-Dusche“, die einfach „rückstandslos“ wegtrocknet.

Und ob man es nun glaubt oder nicht: heute habe ich eine Flasche Wodka gekauft. Also, ich kann es noch kaum glauben. Wenn ich in Russland eine Flasche Wodka geschenkt bekam, habe ich immer versucht, sie sozialverträglich weiterzuverschenken. Und nun kaufe ich sogar Wodka. Naja, was tut man nicht alles im Sinne des Testens einer Idee. Erste Einsatzgebiete werden wohl die Reinigung der Schutzgegenstände sein.

Wir sehen und auf dem Weg.

Let’s go!

Belana Hermine

Nächtliche Meditation

Einmal sind wir in der Nacht rausgegangen und sollten meditieren. Angst vor der Nacht habe ich eigentlich nicht – schon gar nicht, wenn ich mit so vielen Leuten unterwegs bin. Also war ich eher neugierig gespannt.

Es war eine sternenklare Nacht. Ich habe zum ersten Mal die Milchstraße so richtig bewusst wahrgenommen – bzw. war mir sicher, dass es die Milchstraße ist, die ich da sehe :-).

Wir wurden also auf einer großen Wiese mit Blick auf einen Berg platziert. Bis alle hingesetzt waren, sollten wir uns auf den Berg konzentrieren. Dann wurde erklärt, dass es an dieser Stelle früher mal eine große Schlacht gegeben hat. Wir sollten nun in der Meditation versuchen zu spüren, was von dieser Schlacht noch an dieser Stelle ist, also irgendwelche Emotionen oder vielleicht Seelen/Seelenreste von Gefallenen. Okay, keine Chance. Aber ich habe das Sitzen dort auf der Wiese doch genießen können – bis es irgendwann ein wenig kühl wurde. Dabei hatte ich schon alle Schichten übergeworfen, die ich dabei hatte. Zwischendurch kam mal jemand und hat mit der Maultrommel gespielt. Das war schön. Dabei kann ich ganz schnell in leichte Trance kommen. Naja, und mit dem Auftrag, Gefallene zu spüren, kann man sich dann schon ein paar traurige Bilder vorstellen ;-).

Es gab dann eine Auswertungsrunde noch vor Ort in tiefer Finsternis. Schon interessant, was manche Leute da so gesehen haben. Irgendwie hatte ich immer das Gefühl, dass gleich einer sagt: „Ätschibätschi, da gab es nie eine Schlacht.“ Sind das die Wünsche der nicht-Sehenden? Vielleicht. Trotzdem würde mich ja interessieren, was die Leute gesehen hätten, wenn gesagt worden wäre, dass da mal eine Zirkus sein Hauptquartier gehabt hat.

Inwieweit ist das alles abhängig von den Vorinformationen? Inwieweit ist das alles abhängig von dem, was man gern sehen möchte oder sehen muss, um sich vor den Kameraden nicht zu blamieren? Inwieweit ist das alles abhängig vom eigenen Kreativitätspotential?

Wir sehen und auf dem Weg.

Let’s go!

Belana Hermine

Rituelle Reinigung

Ein Schamane muss rein sein – außen und innen. Die äußere Reinigung ist ja verhältnismäßig einfach. Die innere Reinigung ist da schon deutlich schwieriger. Schließlich hat jeder von uns so seine Päckchen und Pakete zu tragen und abzuarbeiten. Ein Weg dazu ist für die Schamanen die Meditation. Aber heute soll es um die äußere Reinigung gehen, die ziemlich zu Beginn unseres Aufenthalts im Camp stattfand.

In einem Lagerfeuer wurden relativ große Steine erhitzt. In einer großen Schüssel wurden sie mit Wasser übergossen. Da sie so heiß waren, fing das Wasser an zu kochen und kochte eine recht lange Weile. In das kochende Wasser wurde gemahlener und zerstoßener Wacholder geschüttet. Das hat echt gut gerochen.

Nun bekam jeder einzeln nacheinander ein Dampfbad über diesem Sud. Dabei strich der Oberschamane mit einem besonderen Knochen über den Rücken und murmelte etwas dabei. Naja, selbst wenn er deutsch gesprochen hätte, hätte ich das Gemurmle nicht verstanden. Trotzdem hatte ich den Eindruck, dass das Gemurmle individuell unterschiedlich war.

Nun war die Waschung angesagt. In einem geschützten Bereich, damit sich Männlein und Weiblein nichts wegschauen konnten, zogen wir uns einzeln nacheinander aus. Dann wurde das Wacholderwasser kellenweise über uns gegossen und wir sollten uns damit abrubbeln und auch die Haare waschen. Ohne abzutrocknen sollten wir dann in komplett frische Sachen schlüpfen.

Um die Wirkung der rituellen Waschung gut einziehen zu lassen, durften wir uns nun drei Tage lang nicht waschen. Nach Ablauf der Frist gab es ein großes Badefest im Fluss.

Wir sehen uns auf dem Weg.
Let’s go!
Belana Hermine