Schreiben über dicke Menschen

Welches Vokabular nutzt man, um nicht verachtend über dicke Menschen zu schreiben?

Vielleicht kommt Euch diese Frage etwas seltsam vor. Sie hat sich mir gestellt, als wir vor einer Weile mal wieder in einem Laden für Übergrößen waren. MD findet mit seinen fast 2 m meist nur dort passende Hosen etc. Okay, mit der Zeit geht es auch bei ihm ein wenig in die Breite und/oder Tiefe. Und dennoch wirkt er gegenüber einigen der dortigen Kunden tatsächlich (noch) wie eine Bohnenstange.

Bei unserem letzten Besuch in eben diesem Laden kaufte gerade eine Familie dort ein, die für meine Begriffe alle Dimensionen sprengte – Vater, Mutter UND Kind gleichermaßen. Insbesondere für die Kinder tun mir solche Anblicke echt weh.

Mitleid – Mitgefühl? Was ist das richtige Maß? Kann sich ein dünner Mensch überhaupt vorstellen, wie es einem dickeren Menschen geht? Sind physische Ursachen nur vorgeschoben? Kann man wirklich so häufig von psychischen Ursachen ausgehen? Und wie schwer ist es wirklich, sich davon dauerhaft/nachhaltig zu befreien?

Da kam mir dann so der Gedanke, wie man wohl darüber schreiben würde. Schließlich nimmt der Anteil dicker Menschen an der Gesamtbevölkerung zu. Wenn wir schreiben, wollen wir ja nicht einen Großteil der Menschen ausschließen.

Aber welche Worte nimmt man, ohne abschätzig, wertend oder verletzend zu werden?

Okay, da fallen mir ein: dick, übergewichtig. Vielleicht noch adipös – wobei hier vielleicht schon der eine oder andere anfängt zu überlegen, was das wohl wäre. Also nur zwei Worte? Damit kann man wohl keine längere Geschichte bestreiten. Alles andere, was so in Frage käme, erscheint mir nicht angemessen. Vergleich mit größeren Tieren, mit unförmigen Gegenständen, die Bezeichnung durch langsame Charaktereigenschaften – das ist doch alles nicht nett.

Vermeiden/Ausschließen ist aber auch keine Lösung. Also: Wie macht Ihr das?

Wir sehen und auf dem Weg.
Let’s go!
Belana Hermine

64 Gedanken zu “Schreiben über dicke Menschen

  1. Untersetzt, kompakt würde mir noch einfallen. Problem ist ja auch, dass es Menschen gibt, die zwar normal schwer sind, aber vom Körperbau her dicker aussehen, und umgekehrt (Stichwort Kurz- und Langgrößen). Und, gerade bei solchen Geschäften, die Grenze für Übergrößen sinkt immer weiter, mittlerweile gilt ja eine 42 bei Frauen schon als Plussize (vor nicht mal 10 Jahren, war das noch eine stinknormale Durchschnittsgröße). Letztendlich ist das Adjektiv „dick“ eher neutral, während „fett“ tatsächlich negativ behaftet ist.

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      • sehr gern. ich finde auch, dass es viele verschiedene facetten gibt von „dick-sein“. und dass man diesen umstand erstens so genau wie möglich durch verschiedene wörter ausdrücken kann und zweitens eben auch freundlich sagen kann. natürlich kommt es auf den text und kontext an und darauf, was man mit der aussage (erreichen) will, das ist von fall zu fall unterschiedlich. und manchmal spielt eben das aussehen/ die körperliche beschaffenheit auch gar keine rolle.
        liebe grüße!

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      • Lieben Dank. Ich habe durch die vielen Diskussionen etliche Anregungen erhalten. Toll.
        Ja, es ist von vielen Bedingungen abhängig. Und wenn’s nicht nötig ist, würde ich es natürlich lassen.
        Liebe Grüße

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  2. Dick ist nun mal dick. Da ändert auch keine Umschreibung etwas.
    Darum werde ich im Fall des Falles auch mit solchen Begriffen operieren. Dick ist nämlich zunächst mal eine Beschreibung und keine Bewertung. Zumindest bei mir nicht. Wer das anders (und anstößig) sieht, ist verknüpft in seinem eigenen Kopf das beschreibende Adjektiv mit einer Herabwürdigung.Das ist dann aber sein und nicht mein Problem.
    Und wer damit nicht klarkommt ist herzlich eingeladen, meine Blogs und Texte in Zukunft zu meiden.

    Verkünstelnde Umschreibung wie „beleibt“, „schwergewichtig“ halte ich für praktisch, wenn man sprachlich variieren möchte. Begriffe, die ich selbst herablassend einstufe („fett“ o.ä.) erlaube ich mir nur dann, wenn ich auch herablassend sein will. Was in Satiren durchaus vorkommen kann…
    Aber ich will ja auch nicht nett sein 🙂

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    • Dick und übergewichtig finde ich auch neutral. Da gebe ich Dir Recht.
      Interessant finde ich den Ansatz, dass für bestimmte Textsorten/Ziele auch ein entsprechend wertendes Vokabular angesagt ist. Danke für diese Anregung 🙂

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  3. Ich störe mich ja am „übergewichtig“ – denn es trägt eine Abweichung von der Norm in sich, bei der man durchaus fragen kann, woher sie kommt. Was ist denn ein normales Gewicht und wer bestimmt, wann man drüber ist?
    Wenn ich über Menschen schreibe, spielt ihr Äußeres eigentlich selten eine Rolle. Menschen in meinem Schreiben sind Charaktere, die recht wenig Aussehen haben. Selbst wenn ich reale Begebenheiten wiedergebe, spielt die Körperlichkeit der Menschen kaum eine Rolle. Nur wenn es für die Geschichte von Belang ist.
    Wenn es mir also wichtig ist, einen Menschen in meiner Erzählung dick zu machen, dann ist er auch dick. Es sei denn, es ist erkennbar Muskelmasse, dann ist er erst kräftig und dann ein Muskelberg. Was das Wort „fett“ angeht, bin ich mir nicht sicher, ob es wirklich pauschal so diffamierend ist, in den Giftschrank würde ich es nicht stellen. Aber in den meisten Fällen ist es wie gesagt einfach: Der Aspekt ist nicht so wichtig.

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    • Du hast recht – man muss die körperlichen Merkmale nur beschreiben, wenn sie für die Geschichte nötig sind. Aber ist das nicht recht häufig der Fall? Es beeinflusst doch wie Leute aufeinander reagieren, wie sie sich bewegen etc., oder?

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      • Ich halte Körper, so eitel und selbstoptimierend ich bin, für einigermaßen überbewertet. Spielt es eine Rolle, wie sich jemand bewegt? Reicht es nicht, dass er es tut und es so tut wie immer? Ich bin mir tatsächlich nicht so sicher, ob so etwas relevant ist und wann. Eine gute Figur ist in meinen Augen so, dass sie verschieden aussehen kann. Je nach Betrachter dick oder dünn.

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      • Keine Ahnung, ob Körper überbewertet sind. Wir drücken sehr viel über sie aus.
        Mir fallen ziemlich viele Situationen ein, wo die Figur eines Charakters ein gewisse Wichtigkeit hat. Warum springt jemand nicht hoch/auf vor lauter Freude. Warum rennt er nicht gemeinsam mit seinen Freunden nach dem Ball? Warum geht sie nicht auf Parties? etc.
        Aber natürlich: Wenn es keine Aussagekraft hat, muss man sich über das Aussehen nicht äußern.

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      • Vielleicht ist es so: Solange eine Figur nicht darunter leidet, kann sie auch nicht dick sein. Wenn sie also auf Partys geht, ist es wurscht, ob sie 80 oder 180 Kilo wiegt. Und wenn sie es nicht tut … Was, wenn sie es nicht tut, obwohl sie vollkommen im Schnitt liegt?
        Ich für meinen Teil springe auch höchst selten auf, wenn ich mich freue. Andererseits tue ich mich auch schwer, das Verhalten anderer Menschen zu deuten.

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      • Es gibt auch Charaktere, die unter Magersucht leiden. Das kommt doch immer drauf an. Jeder Fall ist individuell. Wenn Du nicht aufspringst, wenn Du Dich freust, heißt das nicht automatisch, dass das deswegen wäre, weil Du dick wärst. Ich wollte ja nur ausdrücken, dass ich meine, dass das körperliche Aussehen, die eigene Wahrnehmung dazu und die Wahrnehmung, wie die Umgebung reagiert, mit bestimmen, wie ein Charakter agiert. Und man könnte es nutzen, um die Aktionen dieses Charakters glaubwürdig darzustellen.

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      • Ich weiß wohl, was du meinst. Es ist eben schwierig, pauschal zu urteilen, wie eine Situation zu schildern ist. Es ist wohl in der Tat immer der Dreiklang Aussehen, Eigen- und Fremdwahrnehmung der Figur.

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  4. Vollschlank… ginge auch noch (allerdings betrifft das nicht die massiv Übergewichtigen).

    Du hast die Frage aufgeworfen, wie es dazu kommt, dass so viele dickleibig sind.
    Es liegt (schlicht, aber ergreifend) häufig an der falschen Ernährung. Viele Menschen nehmen sich aus verschiedenen Gründen nicht mehr die Zeit, gesund zu kochen oder sich mit gesunder Ernährung zu beschäftigen. Das wird auch den Kindern so vorgelebt. Es wird fett gekauft und fett gegessen.
    Oft erkenne ich auch eine gewisse Unzufriedenheit mancher Menschen mit ihrem Leben oder einigen Umständen darin. So gibt ESSEN eine Ersatzbefriedigung.
    Außerdem: Wer läuft heute noch viel? (AUSSER DIR 😂😂😂😂)?
    Die Leute fahren sogar zum Briefkasten mit dem Auto – keine guten Voraussetzungen.
    In nur seltenen Fällen liegen Stoffwechselerkrankungen oder Essstörungen vor.
    Klugscheißer Aus. 😀

    Aus eigener Erfahrung (Gewicht alt: 98 kg bei 1,77 m und zuvor IMMER schlank gewesen! Gewicht neu: – 23 kg – bisher)weiß ich, dass nicht nur Medikamente wie Kortison Grund für die massive Gewichtsabnahme waren, sondern auch Unzufriedenheit in meiner Ehe. Eigenartiger Weise speichert der Körper mehr Fett, wenn man nicht glücklich ist.

    Haha, dat war was! 😁

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  5. Oh, das ist ein heikles Thema, worauf insbesondere Frauen sehr sensibel reagieren können. Ich kann Sylvia nur zustimmen, sie hat es in ihrem Kommi sehr treffend beschrieben.
    Also bei mir ist das so: wenn ich in den Spiegel schaue und sehe, dass die Röhrenjeans kneift, dann sage ich sehr ärgerlich zu mir: „Christel, du wirst zu voluminös! FDH !!!! Und jetzt ab auf’s Laufband !!!“
    Dabei nehme ich keine Rücksicht auf meine Sensibilität … lieber ICH sage es mir, als andere 😉

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  6. Also ich habe ja auch das eine oder andere Kilo zu viel auf den Hüften, aber die wenigsten wissen, dass ich nicht dick bin, sondern nur meine Falten bekämpfe, indem ich ständigen Druck auf sie von innen nach außen ausübe…
    LG

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  7. Wenn es um die Selbstwahrnehmung erfundener Charaktere geht, dann musst du dich reinfühlen, spüren wie der Charakter das Körpergefühl wahrnimmt und wie es ihn beeinflusst. Und da spielt sehr viel mehr eine Rolle als Wörter. Es gibt Menschen, die fühlen sich dick, sind es aber nicht. Wo liegt der Schwerpunkt, das beeinflusst die Bewegungen. Wie wird der Mensch von anderen wahrgenommen, das ergibt entsprechende Reaktionen. Welche positiven und negativen Erfahrungen und Feedbacks beeinflussen die Wahrnehmung. Ein dicker Bauch fühlt sich anders an, und ergibt eine andere Statik als gleichmäßige Verteilung. Eine Frau fühlt sich anders als ein Mann. Eine Frau aus einem Land, in dem es keine Dickendiskriminierung oder Abwertung gibt, fühlt und bewegt sich anders. Wie sehr beschäftigt die Person sich mit dem eigenen Körpergewicht, der Wahrnehmung von Fettpolstern, Zu- und Abnehmen? Denkt sie von sich als dick, fett, massig, mollig, moppelig, rundlich, aufgedunsen oder macht sie in Gedanken einen Riesenbogen um das Thema (gedankliches Tabu)?
    In journalistischen Texten befrage am besten Blogger, die sich mit Fatacceptance befassen.

    LG
    gann

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    • Lieben Dank für Deine ausführlichen Erläuterungen. Ja, diese Innensicht authentisch hinzukriegen ist sicher auch ein schwieriges Unterfangen. Danke für die vielen Tipps dazu.
      Viele Grüße
      Belana Hermine

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  8. HaliHallo Belana,
    da will ich doch meinen Senf auch einmal dazu beisteuern 🙂
    Da ich selbst mal ziemlich durchtrainiert und sportlich war, kann ich da ganz gut mitreden, weil ich mich selbst als FETT betitel.
    Nach einer schwierigen Phase und OP, habe/hatte ich dramatisch zugenommen – bis rauf auf 120 kg (von ehemals 75 bzw. 80 kg (das zu erläutern wäre jetzt zuviel für einen Kommentar)
    Bei diesen 120 habe ich dann die Reißleine gezogen und meine Ernährung umgestellt und leider konnte/kann ich auf Grund meinen körperlichen Einschränkungen keinen Sport treiben (nur Spaziergänge). Aber es hat geholfen! Nach etwas über einem Jahr wiege ich jetzt so um die 102/104 kg, und bin immer noch FETT. Also dran bleiben heißt es.
    Wenn mich jemand als Dick oder Fettleibig betiteln würde, wäre ich nicht unmittelbar beleidigt oder sauer, aber innerlich würde es an mir fressen, weil ich es eben auch anders kenne. Letztendlich hat die Person (die es so sagt) ja recht – also muss ich damit leben.

    Ich finde es schon wichtig, wenn man eine Geschichte schreibt, gehört die richtige Beschreibung der Personen dazu, damit im Kopf ein Bild erzeugt werden kann (also für den Leser) und wenn da denn jemand nicht kräftig ist sondern eben schwer fällig schnaufend daher kommt, ist er eben Übergewichtig und auch FETT.

    Schöner Beitrag, der auch Fragen aufwirft … … wer bestimmt denn eigentlich was normal ist?
    Ein eigenes Zitat zum Abschluss, meines viel zu langen Kommentares:

    „Nicht normal | ist doch nur das | was wir | als nicht normal betrachten!“

    Herzlichen Gruß aus Olbersdorf
    Ede

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    • Danke für Deinen langen Kommentar, die Darstellung Deines eigenen Hintergrunds und auch das Aufwerfen neuer Fragen. Ja, was ist normal – hängt wohl überwiegend vom Zeitgeschmack ab, z. B. Rubens 😉
      Auch Dir herzliche Grüße – vom Rhein
      Belana Hermine

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  9. Das ist einfach ein Tatbestand und darüber darf man auch sprechen. Ich bin auch dick/übergewichtig/moppelig/vollschlank. Aber egal, wie man es nennt: Es bleibt eine Zahl auf der Waage und die lässt sich nicht wegdiskutieren 😀
    Es gibt für Übergewicht viele Ursachen. Psychische (das klassische „Frustfressen“), physische (Schilddrüse, Stoffwechsel). Aber das sind Dinge, die man behandeln lassen kann. Die Basis für Übergewicht ist und bleibt immer dieselbe: falsche/ungesunde/zuviel Ernährung und zuwenig/gar keine Bewegung. Daran sind die Leute selbst schuld und dazu müssen sie auch stehen. Man muss das also nicht euphemistisch umschreiben 🙂

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    • Danke für Deinen ausführlichen Kommentar. Es ist gut, die Meinung einer „Betroffenen“ zu kennen. Wegdiskutieren ist keine Lösung, da hast Du völlig recht. Aber ich möchte auch nicht in Beleidigungen abrutschen. Wahrscheinlich muss man das dann von Fall zu Fall entscheiden.
      Liebe Grüße

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  10. Hmmm, mir fiel da spontan als Beispiel Ben aus „Es“ von Stephen King ein. Da ist das für die Figur, ihren Charakter und ihr Verhalten wesentlich, dass er übergewichtig ist. „Dick“ und „übergewichtig“ halte ich schon für einigermaßen wertfrei, wobei ja manche „übergewichtig“ schon als problematisch ansehen, wie hier ja auch schon erwähnt wurde. Normal ist da inzwischen vielleicht auch nicht mehr der richtige Ausdruck für ein gesundes Körpergewicht, weil in den westlichen Ländern sich die Norm (also das, was Durchschnitt/Mehrheit ist) immer mehr in Richtung eines ungesunden Körpergewichts verschiebt.
    Ich habe den Eindruck, dass das Gewicht vor allem bei Frauen ein heikles Thema ist. Bei Männern denkt man dann eher, dass Übergewicht mit Gemütlichkeit, Genuss und Lustigkeit zusammenhängt. Bei Frauen, so scheint es mir, spielt das Aussehen noch eine stärkere Rolle, da streiten sich dann alle darüber, ob „kurvig“, „curvy“, „stark“, etc. attraktiver und schöner ist, oder „skinny“, „magersüchtig“, „knochig“, etc. Wobei dann die Vertreter der Kurvenfraktion gerne mal ignorieren, dass es auch schlanke Frauen mit Kurven gibt, und ein gesundes Körpergewicht, das zwischen den Extremen „mager“ und „dick“ liegt. Da sind dann Sprüche wie „Männer stehen auf echte Frauen mit Kurven, nur Hunde spielen mit Knochen“ gesellschaftlich problemlos anerkannt.
    Überhaupt dreht sich die Gewichtsdiskussion meines Erachtens schnell um optische Kriterien, und da bewegt man sich dann schnell auf dünnes Eis und muss ganz genau auf seine Wortwahl achten, damit keiner beleidigt ist. Dabei sind Schönheit, Attraktivität und Co. ja immer eine Geschmacksfrage und auch eine Frage der Kultur, also ist das alles sehr subjektiv. Objektiv betrachtet ist es aber nun mal eben ungesund, wenn man einen zu hohen Körperfettanteil hat, und was als „zu hoch“ gilt, lässt sich durch medizinische Studien empirisch ermitteln.
    Beim Schreiben kannst du vielleicht schildern, was das Gewicht und die Körperform mit der jeweiligen Figur machen, und darüber dann ganz viel über ihr Wesen und Aussehen zeigen. Zum Beispiel ist die Figur dann vielleicht außer Atem, nachdem sie die Treppen hochgestiegen ist. Oder sie lässt sich mit einem erschöpften Seufzen aufs Sofa fallen, das dann ein ächzendes Geräusch von sich gibt. Oder du beschreibst, wie die Figur Kleidung kaufen will und im Laden keine passende Größe findet. Oder vielleicht geht die Figur auch ganz offensiv mit ihrem Übergewicht um und sagt dann Sachen wie „Ja, ich bin fett! Und du bist dumm! Aber ich kann abnehmen, und was kannst du?“ Da kannst du dich dann glaube ich einfach an den Grundsatz „show, don’t tell“ halten. 🙂

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    • Ich danke Dir herzlich für Diene ausführlichen Erläuterungen. Das ist echt toll 🙂 Ja, zeigen, nicht erklären – das ist etwas, woran ich mich immer wieder neu erinnern muss.
      Viele Grüße
      Belana Hermine

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  11. Sorry, ich stehe da etwas auf dem Schlauch. Darf ich fragen, warum Du beim Anblick von „dicken“ Menschen automatisch an Mitgefühl, physische oder psychische Probleme etc. denkst?
    Was versprichst Du Dir davon, darüber zu schreiben? Ich habe Dein Thema nicht so recht verstanden.

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    • Was diesen Artikel auslöste, war sicher vielschichtig. Zu der Zeit, als wir dieser Familie im Laden begegneten, beschäftigte ich mich gerade viel mit der Charakterisierung von Personen für Geschichten etc. Da ging mir auf, dass in den allermeisten Geschichten schlanke Leute vorkommen, dadurch aber eben eine zunehmend größer werdende Gruppe von Menschen nicht in Geschichten vorkommt. Deshalb fing an, darüber nachzudenken, wie ich denn über dicke Menschen schreiben würde. Und da vielen mir nur wenige nicht abwertende Worte ein. Deswegen wollte ich fragen, wie es anderen Schreiberlingen mit dem Thema geht.
      Dass ich beim Anblick dicker Leute direkt an Probleme denke, ist sicher eine Art Konditionierung. Das begann schon im Elternhaus. Dick war schlecht. Dagegen musste vorgegangen werden. Das setzt sich fort mit der öffentlichen Diskussion, in der aber immer wieder auch physische und psychische Probleme als Ursache für Übergewicht thematisiert werden. Und es geht weiter im eigenen Umfeld. Da gibt es nur eine dicke Person, die den Eindruck macht, keine Schwierigkeiten damit zu haben (spielt z. B. Badminton). Alle anderen Personen, auch die, denen ich so auf der Straße begegne, vermitteln mir nicht das Gefühl, dass sie sich wohl in ihrem Körper fühlen, sondern dass sie im wahrsten Sinne des Wortes eine Last tragen.

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      • Hmmm, wie geht es Dir dann erst, wenn Du einen Menschen mit „echter“ Behinderung triffst. Ich muss sagen, dass ich mit Menschen, die durch ihre Persönlichkeit und nicht ihre „Hülle“ überzeugen müssen mein Leben lang die besten Erfahrungen gemacht habe.
        Allerdings ist ein „erwachsener“ Körper natürlich eine Belastung im Vergleich zu einem BMI-konformen Körper. Doch nicht jeder Mensch, der reich an Hüftgold ist automatisch unglücklich oder krank – viele sind authentisch und zufrieden.
        Übrigens kenne ich einige Gehörlose, denen geht es ähnlich. Und das, was sie am meisten Belastet ist die Unsicherheit und die Blicke derer, die sie als „gehandicapt“ ansehen und meiden oder in Watte packen. 🙂
        Liebe Grüße
        Patrick
        http://www.isso.blog

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      • Hm, irgendwie schaffe ich es wohl nicht recht, das herüberzubringen, was ich meine.
        Natürlich müssen in Büchern und Geschichten Personen durch ihre Persönlichkeit überzeugen. Trotzdem sollten meiner Meinung nach nicht nur schlanke und gesunde Wesen eine Erzählung bevölkern. Dass es auch glückliche, dicke Menschen gibt, ist mir vom Kopf her wohl bewusst. Allerdings kenne ich selbst nur einen – im Gegensatz zu vielen, die weniger glücklich sind.
        Da ich gern wertschätzend über Menschen schreiben möchte, habe ich überlegt, welches Vokabular mir dazu einfällt. Das war nicht viel, weshalb ich dann diese Frage gestellt habe.
        Bei Menschen mit Behinderungen habe ich nicht das Gefühl, dass mir es so schwer fällt, wertschätzende Worte zu finden. Vielleicht, weil ich diesbezüglich nicht so negativ konditioniert bin. Außerdem hatte ich von klein auf Kontakt mit behinderten Menschen, weil sie Mitglied der Verwandtschaft waren.
        Liebe Grüße
        Belana Hermine

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      • Vielleicht ein Zusatz: Es ging mir nicht um eine Begegnung mit dicken Menschen im realen Leben, sondern ausschließlich darum, wie ich wohl über sie schreiben würde.

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      • Ich habs jetzt 😉
        Ich glaube, dass es völlig egal sein sollte, wieviele dicke, dünne, dumme, schlaue, zugezogene oder einheimische Menschen vorkommen.
        Wenn es situativ erforderlich ist, kann man natürlich dann noch mal drauf hinweisen.
        In einem Hörbuch, das ich derzeit beim autofahren höre, kommt ein Pfarrer drin vor. Man erfährt, dass er sehr hager ist, weil er gerade friert, dass aber irgendwie anders als sonst ist. Denn er friert sehr häufig, weil er so dürr ist.
        Worauf ich hinauswill: Da einige Menschen ein vorbelastetes Bild bekommen, wenn man bei der Personenerklärung gleich auf die Körperfülle eingeht, backt sofort ein Stempel drauf. Wenn allerdings im Laufe des Geschehens etwas nebenbei mit einfliesst (z.B. dass jemand sehr groß ist und dadurch keine Mühe hat, irgendwo heran zu kommen). Ist es lediglich ein Detail der gesamten Person und wird als solche wahrgenommen.
        Und ja! In jedem Buch, Modeheft, Katalog etc. sollte ein gesellschaftlicher Querschnitt vorhanden sein. Sonst wirkt es unwirklich.
        Übrigens kenne ich sowohl beleibte Menschen, die ihren Körper als den ihren ansehen, aber auch eine Person, die sich in einem falschen Körper gefangen fühlt und bei einer bin ich sicher, dass sie sich so akzeptiert, aber auch nichts gegen eine Transformation hätte – aber wer hätte das nicht? 😉

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      • Ich danke Dir herzlich, dass Du Dir so viel Zeit für diese Diskussion nimmst. Das ist toll.
        Ich konnte insgesamt viel aus den ganzen Kommentaren mitnehmen. Ein wichtiger Punkt ist wohl, was Du ja auch angeführt hast, dass man ja nicht eine Körperbeschreibung abgeben muss, sondern es so peu a peu einfließen lassen kann. Du hast völlig recht, dass dadurch das Antriggern von Vorurteilen beim Leser etwas abgeschwächt werden kann. Was für mich auch noch einmal wichtig war, mitzubekommen, dass ich auch mit meinen eigenen Vorurteilen und Prägungen schreiben und diese vermutlich mit in die Geschichte oder das Buch trage. Darauf möchte ich in Zukunft stärker achten.
        Nochmals vielen Dank.
        Viele Grüße
        Belana Hermine

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